Sich vor der Endzeitkulisse des Garzweiler-Tagebaus zu Tausenden auf die Drohkulisse zuzubewegen, die die Polizei rund um Lützerath aufgebaut hat, während uns der Wind den Regen eiskalt in die Gesichter speit, ist ein krasses Gefühl! Es ist ein langer Marsch, stundenlang stapfen wir durch den Schlamm, neben uns spielt eine Gruppe eine schöne Musik. Ich fühle Hoffnung, Zuversicht, Freude. Freude darüber, dass so viele gekommen sind. Freude darüber, dabei zu sein.
Plötzlich stehen wir in der ersten Reihe direkt vor schwer gepanzerten Einsatzkräften mit Schlagstöcken in der Hand, blicken uns prüfend um und hoffen, dass es nicht eskaliert. Dann gerät die Truppe vor uns in Bewegung, die Polizist*innen räumen auf einmal den Wall, ziehen sich in Formation zurück. Alle drängen sofort nach vorne, jeder geschenkte Meter wird gierig angenommen. Hände werden gereicht. Wir helfen einander, den rutschigen Wall zu erklimmen. Weniger drängen wir die Polizei zurück, als dass die uns gewähren lässt, als dass wir bloß einer Einladung folgen.
Viele wären gerne ins Dorf gegangen, ich auch. Doch kurz vor Lützerath kommt die Bewegung auf einem Spinatfeld zum Halt. 50 Meter von hier sehen wir eine*n Besetzer*in auf einer 15 Meter hohen Holzkonstruktion, die es der Polizei schwer machen soll, ihn*sie „zu räumen“.
Ernüchterung macht sich allmählich unter den Leuten breit. Hinter der Truppe stehen dicht an dicht Einsatzfahrzeuge, dahinter zwei Wasserwerfer: Weiter kommen wir heute nicht mehr. Eine Weile stehen wir einfach so da, auf dem Spinatfeld, lauschen der Livemusik, die die Gruppe noch immer spielt. Manche versuchen, mit den Beamten zu diskutieren. Nur einer antwortet: „Schade um den Spinat.“
Wahrscheinlich bleibt Klimagerechtigkeit einfach ein Traum, ein Ideal, das wir nicht erreichen. Aber wer hier am Samstag mit durch den Schlamm gestapft ist, wird eins sicher nicht mehr vergessen: das Gefühl, dass sie eben doch möglich ist.