In der Nähe des indigenen Ortes Nuiqsut im Norden von Alaska entsteht eines der größten Erdölprojekte der USA. Die Bewohner sind gespalten.
Jonahs Haus steht auf Stelzen, er deutet auf die Höhe des Holzbaus und sagt: „Früher war das Eis so dick.“ Dann hält der alte Mann die Hände in einem Meter Abstand voneinander: „Jetzt ist es nur noch so.“ Jonah lehnt an seiner Veranda, lächelt und zieht an einer Zigarette. Er ist Kapitän eines Walfangbootes, das hier in Nuiqsut liegt, einem Iñupiat-Dorf im Norden Alaskas. Jonahs Gesicht sieht aus, als hätte der Arktiswind tiefe Furchen hineingegraben. „Der Klimawandel ist real“, sagt er.
An kaum einem anderen Ort der Erde zeigen sich die Folgen der Klimakrise deutlicher als hier innerhalb des Polarkreises. Schon 2023 meldete die University of Alaska Fairbanks einen Allzeit-Hitzerekord in Teilen Kanadas und Alaskas, 2024 wurde er noch übertroffen. An Winter wie früher, in denen bis zu minus 40 Grad Celsius herrschten, erinnern sich hier nur noch die Alten.
Indigene in Alaska: „Die alten Jagdgründe verschwinden“
Nur eine Straße führt aus Nuiqsut hinaus – bis an das nahegelegene Ölfeld, markiert durch einen massiven roten Stahlturm, der aus der baumlosen Einöde ragt. Jonah sieht ihn von seinem Haus aus deutlich: Das „Alpine-Projekt“. Ganz in der Nähe davon entsteht das „Willow-Projekt“.
Es soll das größte Erdölprojekt in der Geschichte Alaskas werden: 8 bis 17 Milliarden Dollar könnte es dem Betreiber zufolge während seiner Laufzeit in Alaskas Staatskassen, den Bezirk und anliegende indigene Communities spülen. Das kleinere Alpine-Projekt läuft seit den Nullerjahren. Beide unterhält der Konzern ConocoPhillips, der siebtgrößte Erdölkonzern der Welt. In Deutschland, Großbritannien, Österreich und der Schweiz betreibt eine ConocoPhillips-Tochter das Tankstellennetz JET.
Weiterlesen: Erschienen am 21.10.2024 in taz
Diese Recherche wurde unterstützt vom Transatlantic Media Fellowship der Heinrich-Böll-Stiftung. Weitere Beiträge zu Alaska finden Sie hinter dem Link.